Erfahrungsberichte aus der Praxis
Wie gelingt Fachkräfteeinwanderung im Handwerk?
Eine Initiativbewerbung aus dem Ausland – das ist oftmals der Beginn eines langen Fachkräfteeinwanderungsprozesses. Bis die Fachkraft im Betrieb arbeitet, sind Arbeitgeber mit vielen Fragen und Herausforderungen konfrontiert: für Handwerksbetriebe eine arbeitsintensive, aber auch sehr lohnende Erfahrung. Oft ist ein Berufsanerkennungsverfahren mit nachfolgender Anpassungsqualifizierung eine gute Möglichkeit, internationale Fachkräfte im Betrieb einzusetzen und langfristig zu beschäftigen. Hier berichten Handwerksbetriebe von ihren Erfahrungen und geben Tipps zum Berufsanerkennungsverfahren, zur Anpassungsqualifizierung und zur Zusammenarbeit im Betrieb.
Fachkräfteeinwanderung ist Teamwork
Am Fachkräfteeinwanderungsprozess sind viele Akteure beteiligt – nicht zuletzt Ausländerbehörden, die lokale Agentur für Arbeit und die Auslandsvertretung, bei der der Visumsantrag gestellt werden muss. Hilfreich ist es, wenn man feste Ansprechpartner hat, an die man sich mit Fragen wenden kann. Für das Berufsanerkennungsverfahren im Handwerk sind die Handwerkskammern die zuständigen Stellen. Frau Elkasovic von Elektronik Hammer berichtet: „Allgemein hat man mit der Handwerkskammer eine sehr gute Kommunikation: Sie reagieren und antworten sehr schnell – einfach eine E-Mail schicken. Man steht nicht allein da, es gibt immer eine Ansprechperson.“ In der Regel wird auch der Qualifizierungsplan für eine Anpassungsqualifizierung der Fachkraft von der Handwerkskammer erstellt. Unser Tipp: Lassen Sie sich im Vorfeld zu möglichen Qualifizierungsmaßnahmen von Ihrer zuständigen Kammer beraten. Jörg Veit, Geschäftsführer bei Elektro-Breitling, hat damit gute Erfahrungen gemacht: „Je besser das Unternehmen die Fachkraft bei der Antragstellung unterstützt und darauf achtet, dass alle Unterlagen dabei sind, umso schneller geht es im Grunde.“
Informationsmaterialien rund um die Anpassungsqualifizierung finden Sie hier:
Vor Ort können unterschiedliche Stellen unterstützen: Oft gibt es regionale Initiativen und Anlaufstellen für internationale Fachkräfte. Das kann z. B. bei der Organisation von Sprachkursen hilfreich sein. Einige Welcome Center bieten auch einen Service für Arbeitgeber an. Darüber hinaus finden Fachkräfte und Betriebe weitere Informationen auf den Portalen Make it in Germany und Anerkennung in Deutschland.
„In unserem Gewerk ist die Sprache der Schlüssel zu allem“
Jörg Veit betont, wie zentral Sprachkenntnisse sind: „In unserem Gewerk ist die Sprache der Schlüssel zu allem. Wir haben im Tagesverlauf viele Konversationen, die auch im Bereich der Elektrosicherheit sehr wichtig sind.“ Der Betrieb ist deswegen aktiv geworden und hat selbst Sprachunterricht für die Fachkräfte organisiert und dabei ein besonders glückliches Händchen gehabt: Die Dozentin hatte sogar Elektrotechnik studiert.
Gute Deutschkenntnisse sind aber nicht nur aus fachlicher Sicht wichtig. In Handwerksberufen kommt dem Kundenkontakt und damit auch den Sprachkenntnissen besondere Bedeutung zu. Ganz allgemein gesprochen kann man sagen: Gute Sprachkenntnisse sind der Schlüssel zur Integration. Aber genauso gilt umgekehrt: Je besser Fachkräfte im Betrieb eingebunden sind, umso schneller verbessern sich in der Regel die Deutschkenntnisse.
Eine Investition in die Zukunft
Betriebe, die Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen wollen, müssen auf dem Weg zur Einstellung einige Hürden überwinden. Nicht nur die Kosten des Verfahrens und z. B. der Sprachkurse stehen dabei im Raum, auch der Zeitaufwand ist nicht zu unterschätzen. Kornelius Egner, Betriebsinhaber eines Zahntechnikbetriebs, konstatiert auf die Kosten des Verfahrens angesprochen: „Überstunden, weil das waren alles Dinge, die ich natürlich während meiner normalen Arbeitszeit habe machen müssen.“ Aber auch der Leistung der Fachkräfte wird großer Respekt entgegengebracht: „Ich war selbst schon vor meiner Tätigkeit hier im Ausland tätig“, erklärt Kornelius Egner, „und daher weiß ich, dass das nicht einfach ist.“ Auch die Geschäftsführerin von H & H Gerätebau, Patricia Herrmann, war von der Initiative ihres Mitarbeiters Redouane Aissa begeistert: „Er hat wirklich alles selbst gemacht und gemanagt.“ Im Gegenzug schätzt der Mechatroniker für Kältetechnik seine neue Arbeitsstelle: „Wir arbeiten in einer familiären Atmosphäre und ich bin zufrieden hier.“ Den anerkannten Fachkräften bieten sich in Deutschland berufliche Perspektiven, Betriebe finden motivierte Fachkräfte – von beiden Seiten eine Investition in die Zukunft. Und noch einen positiven Nebeneffekt gibt es: Die guten Erfahrungen der Fachkräfte sprechen sich herum und die Betriebe berichten von weiteren Bewerbungen aus dem Bekanntenkreis ihrer internationalen Fachkräfte.
So gelingt Fachkräfteeinwanderung!
„Einfach probieren“ – die Betriebe, mit denen wir gesprochen haben, sind neue Wege gegangen und haben so internationale Fachkräfte gefunden. Die Erfahrung zeigt aber auch: Damit Fachkräfteeinwanderung gelingen kann, müssen viele Faktoren zusammenkommen – hohe Motivation bei allen Beteiligten, betriebliches Engagement und ein guter Überblick über die vielfältigen Unterstützungsangebote. Wenn dann Fachkraft und Betrieb ein gutes Team bilden, profitieren beide von der Investition in den gemeinsamen Weg.
Weitere Informationen
Seit 2023 schafft das neue Fachkräfteeinwanderungsrecht neue Möglichkeiten, internationale Fachkräfte zu gewinnen. Informieren Sie sich hier zu den Neuerungen.
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