Beispielgebend – Best Practice aus der HWK Erfurt

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von Unternehmen Berufsanerkennung
11.11.2020 5 Minuten Lesezeit

Mohamad Al Shehadeh arbeitet als Elektroniker für Haus- und Gebäudetechnik im Betrieb Elektro Moschcau Anlagenbau in Mühlhausen – auch dank des Projekts „Unternehmen Berufsanerkennung“.

Dass Mohamad Al Shehadeh ins Team passt, hat Eckhard Moschcau schnell gemerkt. „Er hat vom ersten Praktikumstag an viel Initiative gezeigt, war wissbegierig und hilfsbereit“, sagt der Inhaber des 1993 gegründeten Betriebs Elektro Moschcau Anlagenbau. Einen solch tatkräftigen Mann ziehen zu lassen, kam nicht in Frage. „Denn jeder Mitarbeiter, der sich engagiert, sichert die Zukunft des Unternehmens“, sagt der Geschäftsführer.

Dem Praktikum im Januar 2017 sollte eine langfristige Zusammenarbeit folgen, doch der Weg in den Betrieb war holprig. Der Syrer, der 2015 nach Deutschland flüchtete, lebte zu diesem Zeitpunkt noch in einer Gemeinschaftsunterkunft in Obermehler. Ohne Führerschein zum Arbeitsplatz pendeln? Unmöglich. Es ging ein Jahr ins Land, bis er umziehen durfte. „Im Februar 2018 haben wir ihn als Helfer eingestellt. Und er hat sich selbst gut entwickelt“, sagt der Inhaber.

Kein Wunder: Mohamad Al Shehadeh hat ein fünfjähriges Elektrotechnik-Studium an der Universität in Damaskus absolviert und bringt damit wertvolle Fähigkeiten und Fertigkeiten in das Mühlhäuser Unternehmen ein. Um in Deutschland aber als Elektroniker für Haus- und Gebäudetechnik arbeiten zu können, mussten seine Qualifikationen mit den deutschen verglichen und ein Anerkennungsverfahren durchlaufen werden.

Unterstützung durch die Betriebslotsin der HWK Erfurt

Das Projekt „Unternehmen Berufsanerkennung“, eine Initiative des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) und des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), das seit 2019 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, unterstützt Betriebe bei diesem Verfahren. Neben den drei Handwerkskammern Berlin, für München und Oberbayern sowie Südwestfalen ist die Handwerkskammer Erfurt ein fester Partner für den Handwerksbereich des Projekts und hat mit Gabriela Schaub eine Betriebslotsin installiert. Sie fungiert als Ansprechpartnerin für die Betriebe und ausländischen Fachkräfte.

So kam sie mit Eckhard Moschcau und Mohamad Al Shehadeh ins Gespräch, informierte die Männer über das Verfahren und den Werkzeugkasten des Projekts mit Checklisten, Rahmenlehrplänen und anderen wichtigen Hilfsmitteln und leitete die Schritte zur Berufsanerkennung ein. „Die Unterstützung war sehr hilfreich, weil wir viele Dinge gar nicht gewusst hätten“, sagt Eckhard Moschau rückblickend.

Nach strenger Prüfung aller Unterlagen hat Mohamad Al Shehadeh die volle Gleichwertigkeit erhalten. „Auf Anhieb eine volle Gleichwertigkeit zu erhalten, ist eine Ausnahme, weil oft Kenntnislücken bestehen“, betont Gabriela Schaub. Doch auch dafür hat das Projekt eine Lösung parat: Die fehlenden Fertigkeiten können durch Anpassungsmaßnahmen, etwa im Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer Erfurt, erworben werden. So wird sichergestellt, dass mit einem im Ausland erworbenen Ausbildungsabschluss Arbeiten auf dem geforderten Niveau geleistet werden können.

Für Gabriela Schaub ist der Betrieb Elektro Moschcau Anlagenbau beispielgebend. „Der Fachkräftemangel ist hoch und viele Betriebe haben erkannt, dass sie ohne ausländische Mitarbeitende nicht überleben können. Doch die Hürde, ausländische Mitarbeiter*innen im Prozess der Berufsanerkennung zu unterstützen, ist bisher hoch“, betont sie. Dabei könne das rund dreimonatige Verfahren helfen, ausländische Fachkräfte zu binden und sie zielgerichteter einzusetzen. Die Mitarbeitende seien dadurch motivierter, wovon wiederum das Unternehmen profitiere.

Eckhard Moschcau jedenfalls würde den Schritt wieder gehen. „Jederzeit, wenn ich geeignete Kandidaten hätte. Es gibt nicht nur dem Unternehmen eine Perspektive, sondern auch den jungen Menschen“, sagt er.

Mit dem positiven Bescheid ist auch Mohamad Al Shehadeh ein Stein vom Herzen gefallen. „Meine Frau und ich sind sehr glücklich darüber“, sagt der 42-Jährige. Nachdem er sich die deutsche Sprache selbst, ohne den Besuch eines Kurses, beibrachte und sie durch die Arbeit noch einmal deutlich verbessert hat, hat er das nächste Ziel schon fest im Blick. Noch in diesem Jahr will er seine Führerscheinprüfung ablegen. Denn: Deutschland ist jetzt seine neue Heimat. „Ja, ich bleibe jetzt hier“, sagt er.

Ein Beitrag der HWK Erfurt.

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