Veranstaltungsrückblick

Ein Jahr mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz

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von Unternehmen Berufsanerkennung
12.05.2021 5 Minuten Lesezeit

„Zukunftsweisend“, „längst überfällig“, „noch zu wenig genutzt“ – diese Worte nannten Teilnehmende des virtuellen Austauschs im Zusammenhang mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz (kurz: FEG), das im März 2020 in Kraft getreten ist. Das erste Jahr mit dem neuen Gesetz lief wegen Pandemie und Ausnahmesituation anders als erwartet. Trotzdem ist in Sachen Fachkräfteeinwanderung in Deutschland einiges passiert.

Wo stehen wir nach einem Jahr FEG und wie geht es hier zukünftig weiter? Diesen Fragen wurde im Austausch zwischen Wirtschaft, Politik und IHK-Organisation am 7. Mai 2021 mit über 200 Teilnehmenden nachgegangen. In Live-Interviews berichteten Unternehmen von ihren Erfahrungen und Herausforderungen bei der Beschäftigung internationaler Fachkräfte. Im Anschluss diskutierten Vertreter*innen aus IHKs, Verwaltung und zuständigen Stellen in einem Panel erste Erkenntnisse aus der FEG-Umsetzung in Zeiten von Corona und identifizierten mögliche Stellschrauben für das nachhaltige Gelingen der Fachkräfteeinwanderung. Abgerundet wurde diese Diskussion in einem zweiten Panel mit Vertreter*innen aus vier der an der FEG-Entstehung beteiligten Ministerien, die einen Ausblick auf die Zukunft des Gesetzes gaben. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung vom DIHK e. V. und den Projekten der DIHK Service GmbH „Unternehmen Berufsanerkennung“, „ProRecognition“ und „Hand in Hand for international Talents“.

 

Wirtschaftliche Relevanz - Welche Rolle spielt qualifiziertes Personal aus dem Ausland aktuell auf dem deutschen Arbeitsmarkt?

In seiner digitalen Grußbotschaft steckte Daniel Terzenbach, Vorstand Regionen der Bundesagentur für Arbeit, zu Beginn den inhaltlichen Rahmen für den Austausch ab. Auch wenn einige Wirtschaftszweige derzeit stark von der Pandemie betroffen seien, gebe es in bestimmten Branchen nach wie vor einen hohen Fachkräftebedarf, der auf dem heimischen Arbeitsmarkt nicht mehr gedeckt werden könne. Das Thema Fachkräfteeinwanderung sei somit aktuell und auch künftig von großer ökonomischer und gesellschaftlicher Relevanz. Dies bestätigten dann auch die Stimmen aus der Wirtschaft: Die geladenen Unternehmensvertreter*innen berichteten davon, dass sie offene Stellen nicht mehr mit inländischen Fachkräften besetzen könnten – es herrsche ein „War for Talents“ und sie müssten Personal im Ausland suchen, um ihre Bedarfe decken zu können.  

 

Erkenntnisse aus der Praxis- Welche Erfahrungen wurden bisher mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz gemacht?

Trotz Pandemie und der deshalb eingeschränkten Einreisemöglichkeiten hatten erste Unternehmen bereits Berührungspunkte mit den neuen Möglichkeiten des FEG. Vonseiten der anwesenden Unternehmen wurden insbesondere die Vorteile des sogenannten „beschleunigten Fachkräfteverfahrens“ im Rahmen des FEG hervorgehoben. Damit sei es möglich, entscheidende Prozesse wie das Berufsanerkennungsverfahren bei den zuständigen Stellen in Deutschland oder die Visa-Vergabe an den deutschen Auslandsvertretungen zu verkürzen. Dennoch dauere es insgesamt noch zu lange, bis eine Fachkraft tatsächlich im Unternehmen starten könne. Hier wurde der Wunsch nach weiterer Verkürzung und Digitalisierung der Prozesse sowie nach möglicher Vereinfachung der bürokratischen Abläufe geäußert.

Diese Impulse wurden im ersten Panel aufgegriffen und um weitere Erfahrungen aus der bisherigen Umsetzungspraxis angereichert. Es diskutierten hier Gregor Berghausen (Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf), Michael van der Cammen (Bereichsleiter bei der Bundesagentur für Arbeit), Heike Klembt-Kriegel (Geschäftsführerin der IHK FOSA, Foreign Skills Approval), Engelhard Mazanke (Leiter des Berliner Landesamts für Einwanderung) und Ingo Ostermann (Teamleiter der Zentralen Servicestelle Berufsanerkennung, ZSBA). In diesem Kontext wurden auch die Themen Spracherwerb im Ausland und Nachqualifizierung weiter vertieft. Im Fokus stand dabei die Frage, wie Fördermöglichkeiten optimiert und Synergiepotenziale bei der Schaffung von Qualifizierungsstrukturen genutzt werden können. Als Zwischenfazit hielten die Panel-Teilnehmenden fest, dass die erfolgreiche Umsetzung des FEG in der Praxis insbesondere von der weiterhin engen und noch stärker verzahnten Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure abhängen werde (Anerkennungsberatung / ZSBA, zuständige Stellen, Welcome Center usw.).

 

Zukunftsperspektiven - Wie gestaltet sich die Fachkräfteeinwanderung in der Zukunft?

Diese Frage stand im Fokus des Abschlusspanels mit Vertreter*innen aus dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Dabei wurde dem Thema Matching von Unternehmen mit internationalen Fachkräften eine besondere Relevanz zugeschrieben. In diesem Kontext setze die Bundesregierung unter anderem auf die zentrale Informationsplattform „Make it in Germany“ für Fachkräfte im Ausland und Unternehmen in Deutschland, die künftig eine noch größere Rolle spielen solle.

Wesentlich sei es auch, Fachkräfte schon im Ausland mit Beratungs- und Informationsangeboten auf das Berufsanerkennungsverfahren als Voraussetzung für die Visa-Vergabe vorzubereiten. Hierfür seien bereits entsprechende Infrastrukturen aufgebaut worden, die es nun zu nutzen und intensivieren gelte. Betont wurde in diesem Zusammenhang auch, dass die Fachkräfteeinwanderung nicht mit dem Eintreffen der Fachkraft in Deutschland abgeschlossen sei. Auch Themen wie Nachqualifizierungsstrukturen, Familiennachzug und Integration als gesamtgesellschaftliche Aufgabe seien für eine funktionierende Fachkräfteeinwanderung relevant.

 

Die Einblicke der Panel-Teilnehmenden und Gäste verdeutlichten insgesamt, dass trotz Pandemie bereits erste wichtige Erkenntnisse zur Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes gewonnen werden konnten. Die virtuelle Veranstaltung bot eine Gelegenheit, miteinander ein erstes Zwischenfazit zu ziehen, Stellschrauben für das künftige Gelingen der Fachkräfteeinwanderung in Deutschland zu identifizieren und sich gemeinsam auf die weitere Zusammenarbeit einzustimmen.