ValiKom macht Kompetenzen sichtbar

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von Unternehmen Berufsanerkennung
21.10.2020 5 Minuten Lesezeit

Es gibt viele Menschen, die seit vielen Jahren harte Arbeit leisten, aber keinen Berufsabschluss vorzuweisen haben. Ist ihre Arbeit dadurch weniger wert? Das Verbundprojekt „ValiKom Transfer“ setzt genau da an. Es hat zum Ziel, Können sichtbar zu machen. Mit Hilfe eines standardisierten Verfahrens werden berufliche Kompetenzen festgestellt, bewertet und zertifiziert.

Gerade in Deutschland spielt eine abgeschlossene Berufsausbildung eine große Rolle – beispielsweise beim Wechsel des Arbeitsplatzes. Doch nicht immer lassen es die persönlichen Umstände zu, einen geradlinigen Weg zu verfolgen. Ob Neuorientierung, Prüfungsangst oder Migration: So unterschiedlich wie die Menschen in diesem Land, so unterschiedlich sind auch ihre Geschichten.

Vom Quereinsteiger zur Fachkraft

Juliano Wagners Geschichte z. B. zeigt, wie „ValiKom Transfer“ auch Migrant*innen in Deutschland dabei helfen kann, beruflich Fuß zu fassen: Der gebürtige Brasilianer ist seit fast zweieinhalb Jahren im Schwarzwald in dem vier Sterne Superior Hotel Kesslermühle in der Gastronomie tätig. In Brasilien hat der 41-Jährige als Apotheker gearbeitet, doch seine Ausbildung wurde in Deutschland nicht anerkannt. „Um Geld zu verdienen, bin ich in die Gastronomie“, erzählt er.

So gehe es vielen ausländischen Arbeitskräften, erzählt Wagners Chefin, die Eigentümerin und Geschäftsführerin der Kesslermühle, Claudia Meisinger. „Viele kommen als Quereinsteiger und brauchen zunächst mal einen Job, um Geld zu verdienen.“ Für sie sei das ValiKom-Verfahren eine tolle Möglichkeit, wenn sie dem Beruf dann treu bleiben. Gründe genug, ihren Mitarbeiter bei dem Verfahren zu unterstützen.

„Ich bin seit mittlerweile zehn Jahren in der Gastronomie und konnte viel lernen. Wenn ich etwas mache, dann zu 100 Prozent“, sagt Wagner. So habe er sich schnell hochgearbeitet, hat von der Bar bis zum Service sämtliche Bereiche des Restaurantfachs durchlaufen. Nur eine Ausbildung im klassischen Sinne, die kann er in diesem Bereich nicht vorweisen.

„Ich finde es schön, wenn Mitarbeiter, die schon lange in dem Bereich arbeiten, eine Bescheinigung bekommen und nicht länger nur Hilfskräfte bleiben“, sagt Meisinger. Wagner sei eine gute Kraft und sie habe es gerne ermöglicht, die Fremdbewertung in der Hotelgastronomie und somit dem gewohnten Arbeitsumfeld Wagners durchzuführen.

Bei der Fremdbewertung ist neben einer Kammervertretung ein Berufsexperte anwesend, der im Vorfeld auch die zu lösenden Aufgaben erstellt. Dabei beziehen sich die Expert*innen auf die Ausbildungsinhalte des entsprechenden Berufs. So kann festgestellt werden, dass die Kompetenzen der Teilnehmenden dem Niveau einer klassischen Berufsausbildung entsprechen.

Eine Form von Respekt und Anerkennung

Für Wagner sei die Zertifizierung eine Form von Respekt und Anerkennung – und auch von Sicherheit, denn nun könne er etwas vorweisen. Der Beleg in Form eines Zertifikates ist auch für Stephan Lembgen aus Rhens in Rheinland-Pfalz eine große persönliche Anerkennung. Auch er hat am Projekt teilgenommen. Traumatische Erlebnisse haben vor vielen Jahren dazu geführt, dass er keinen Berufsabschluss hat. Seinem Beruf treu geblieben ist er trotzdem und hat somit viel Berufserfahrung. Sein Vorgesetzter bei der Firma elexx GmbH, Ulli Rahm, hat Lembgen von Beginn an bei dem Vorhaben unterstützt, sein Können validieren zu lassen. Für ihn sei das Projekt eine Form von Mitarbeiterbindung – ein ganz wesentliches Thema für das Unternehmen.

Elf Handwerkskammern (HWK), 17 Industrie- und Handelskammern (IHK) und zwei Landwirtschaftskammern (LWK) sind an dem Transferprojekt beteiligt. Während das Pilotprojekt ValiKom zwischen 2017 und 2018 zunächst mit acht Kammern in die Erprobung ging, sollen mit dem Transferprojekt bundesweit weitere Kammerstandorte aufgebaut werden, die nach Projektende als Kompetenzzentren in ganz Deutschland für die Validierung von Berufskompetenzen dienen sollen. Das Transferprojekt läuft seit November 2018 und wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Ein Beitrag von Carolin Skiba