Bericht aus der Praxis

(K)ein Buch mit sieben Siegeln - Unfallversicherung in der Anpassungsqualifizierung

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Person mit Krücke
von Unternehmen Berufsanerkennung
10.12.2019 4 Minuten Lesezeit

Die Durchführung einer betrieblichen Anpassungsqualifizierung ist für den aufnehmenden Betrieb mit zahlreichen Fragen verbunden. Ein Aspekt, der oftmals erst auf den zweiten Blick in Erscheinung tritt, ist der Versicherungsschutz für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer solchen Qualifizierung. Was hier zu beachten ist und wie die Unfallkassen diese Zielgruppe rechtlich einordnen, erläutert nachfolgend Ronald Hecke von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV) in seinem Gastbeitrag. Die praktische Umsetzung aus betrieblichem Blickwinkel erläutern wir dann in Kürze in einem zweiten Beitrag an dieser Stelle.

Die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen unterstützen die Unternehmerinnen und Unternehmer dabei, Unfälle und Erkrankungen in ihrem Betrieb bereits von vorneherein zu vermeiden. Falls doch etwas geschieht, helfen sie den versicherten Beschäftigten, wieder den Weg in ein selbstbestimmtes (Berufs-)Leben zu finden. Die gesetzliche Unfallversicherung bietet von der Akutversorgung bis zur Wiedereingliederung in Beruf und Privatleben „Alles aus einer Hand". Damit sind ihre Leistungen umfassender als die der gesetzlichen Krankenversicherung und auch unabhängig von der Frage des Verschuldens. Um ihre Versicherten während der Maßnahmen der medizinischen oder beruflichen Rehabilitation finanziell abzusichern, zahlen die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen Verletztengeld beziehungsweise Übergangsgeld. Wenn die Betroffenen trotz Heilbehandlung und Reha-Maßnahmen nicht wieder uneingeschränkt am Erwerbsleben teilnehmen können, wird eine Rente als Entschädigung gezahlt.
Die gesetzliche Unfallversicherung übernimmt die Haftung der Arbeitgebenden für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten gegenüber den Beschäftigten. Denn durch ihren Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung sind Unternehmen, aber auch die Beschäftigten untereinander, weitgehend von der Haftung für die Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten befreit. Das schützt Arbeitgebende und Beschäftigte vor Schadensersatzklagen und sichert so zugleich die Existenz des Unternehmens sowie den Betriebsfrieden.

Eine besondere Zielgruppe: Ausländische Fachkräfte in der Anpassungsqualifizierung

Werden bei einer ausländischen Fachkraft während eines Berufsanerkennungsverfahrens von der zuständigen Handwerkskammer fachliche Defizite festgestellt (im Bereich IHK von der IHK FOSA, Anm. der Redaktion), können diese in einer Anpassungsqualifizierung aufgearbeitet werden. Diese Qualifizierungen werden sowohl in Betrieben als auch in Bildungszentren des Handwerks oder bei anderen Bildungsträgern durchgeführt, oftmals in Kombination. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz - und damit auch die Zuständigkeiten der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen - ist dabei von der Ausgestaltung der jeweiligen Anpassungsqualifizierung abhängig.

  • Personen, die sich außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses beruflich aus-, fort- oder weiterbilden, sind als beruflich Lernende bei dem Unfallversicherungsträger versichert, der für den jeweiligen Bildungsträger zuständig ist. Bedient sich ein Bildungsträger lediglich eines Praktikumsbetriebes, um die berufliche Bildung des Teilnehmers zu verbessern und liegt für die gesamte Maßnahme weiterhin die Verantwortung beim Bildungsträger, ist auch bei diesem Praktikum außerhalb der Bildungseinrichtung der Unfallversicherungsträger zuständig, dem der Bildungsträger angehört.
     
  • Gliedert sich der Teilnehmende dagegen in den Praktikumsbetrieb ein oder zahlt der Praktikumsbetrieb gar eine Vergütung, besteht ein Beschäftigungsverhältnis. Somit ist für die Dauer des Praktikums der Versicherungsschutz über den für den Praktikumsbetrieb zuständigen Unfallversicherungsträger gegeben. Eine Eingliederung in den Betrieb liegt dann vor, wenn der Arbeitgebende im Rahmen seines Dispositionsrechts über Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung bestimmen kann. Von einer Beschäftigung spricht man (bei nichtselbständiger Arbeit) insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
    Die rechtliche Ausgestaltung ist für die Beurteilung, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, nicht immer maßgeblich, da grundsätzlich die tatsächlichen Verhältnisse für die Beurteilung zugrunde zu legen sind. Dies auch insbesondere dann, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von den vertraglich vereinbarten abweichen. Gleichwohl geben die vertraglichen Regelungen Anhaltspunkte für die Beurteilung des Versicherungsschutzes. Für den Versicherungsschutz ist es, im Gegensatz zu anderen Zweigen der Sozialversicherung, unerheblich, ob ein Entgelt gezahlt wird.
     
  • Bei solchen Praktika, die ausschließlich in einem Betrieb und ohne Bezug zu einem Bildungsträger durchgeführt werden, besteht grundsätzlich Versicherungsschutz als Beschäftigter oder arbeitnehmerähnliche Personen. Den Versicherungsschutz gewährleistet der für den Betrieb zuständige Unfallversicherungsträger.
     
  • Bei Schulungen und Lehrgängen richtet sich der Versicherungsschutz danach, ob dieser Lehrgang noch einem Beschäftigungsverhältnis zuzuordnen ist, weil zum Beispiel der Arbeitgebende den Praktikanten während der Arbeitszeit dort hingeschickt hat oder ob der Lehrgang in keinem Verhältnis zu einem Beschäftigungsverhältnis steht, weil zum Beispiel der Teilnehmer oder die Teilnehmerin diesen aus rein privaten, eigennützigen und nicht wirtschaftlichen Interessen besucht. Es kann aber in diesen Fällen auch Versicherungsschutz als beruflich Lernender bestehen.
     
  • Erfolgt die Qualifizierung als arbeitsmarktpolitische Maßnahme, das heißt, ist entweder die Person oder die Maßnahme auf der Grundlage des zweiten oder dritten Sozialgesetzbuches durch die Bundesagentur für Arbeit oder ein Jobcenter gefördert, besteht Versicherungsschutz über den Unfallversicherungsträger des Sachkostenträgers. Der Sachkostenträger ist die Bildungseinrichtung, welche die Maßnahme institutionell durchführt, indem sie Räume, Personal und Unterrichtsmittel bereitstellt und die Maßnahme in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung durchführt. Dies ist in der Regel der Bildungsträger.

Unter Versicherungsschutz stehen auch die Wege von und zu der jeweils unter Versicherungsschutz stehenden Verrichtung.

Weitere Informationen rund um das Thema gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bei Bildungsmaßnahmen enthält die „Leitlinie Bildungsmaßnahmen" der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV): https://publikationen.dguv.de/dguv/udt_dguv_main.aspx?FDOCUID=26361